Feingussverfahren / Wachsausschmelzverfahren
1. Definition
Unter dem Wachsausschmelzverfahren ist die Herstellung hochpräziser Gussteile aus metallischen Werkstoffen in einer Gießerei zu verstehen. Das urformende Verfahren zeichnet sich durch eine hohe Maßgenauigkeit, erstklassige Oberflächengüte und geringe Herstellungskosten aus. Meist sind die Metallteile nahezu einbaufertig.
Da während des Gießverfahrens sowohl die Modelle als auch die Formen verloren gehen, spricht man hier vom Guss aus verlorenen Modellen und verlorenen Formen. Die Form (Negativmodell) ist meist aus Keramik und geht deshalb verloren, weil sie nach jedem Abguss zerstört werden muss, um das Gussstück entformen zu können. Das Modell (Positivmodell) hingegen besteht zumeist aus Wachs oder einem Polymer und bildet das gewünschte Metallstück ab. Es wird mehrfach in Formschlicker getaucht um die keramische Form zu erhalten. Beim anschließenden Ausschmelzen geht das Wachsmodell verloren.
2. Ablauf des Wachsausschmelzverfahrens
1. Herstellung des Wachsspritzwerkzeugs
Um die Konturen des Feinguss Bauteils abzubilden, ist eine Form, bzw. ein Werkzeug erforderlich. Dieses Werkzeug stellt eine Negativabbildung des Bauteils dar und besteht zumeist aus Aluminium oder Stahl.
Bereits die Form muss exakt gearbeitet sein, um Toleranzen und Oberflächengüte sicher zu stellen.
2. Herstellung des Wachsmodells
Das Feinguss Bauteil wird in Formwachs gespritzt. Dazu wird flüssiges Wachs in das Werkzeug gespritzt. Das entstehende Wachsmodell entspricht exakt dem späteren Formteil.
Der Einspritzdruck der Maschine und die Temperatur des Formwachses müssen exakt abgestimmt werden, um eine hohe Maßgenauigkeit und Oberflächenqualität sicherzustellen.
3. Wachsmodellmontage
Die Wachsmodelle werden über einen Wachsbaum, oder auch Wachstraube, zusammengeführt. So entsteht das Angusssystem, welches die Zuführungskanäle zur Gießform beinhaltet.
Erfahrene und geschulte Feinguss-Experten führen die Montage der Wachsbäume vorsichtig und präzise durch, um eine hohe Gussteilqualität zu gewährleisten.
4. Tauchen, Besanden & Trocknen
Durch mehrfaches Eintauchen des Wachsbaums in Formschlicker und anschließendem Besanden und Trocknen entsteht ein mehrschichtiger keramischer Mantel.
Die sehr hohe Oberflächengüte der Formteile entsteht durch die erste Schicht, die aus feinkörnigem Zikronsand besteht.
5. Ausschmelzen
Bei diesem Schritt des Feingießens wird das Formwachs aus der keramischen Form unter Druck in einem Dampf-Autoklaven ausgeschmolzen. Dabei geht das Wachsmodell verloren.
Das Wachs wird aufgefangen, aufbereitet und wieder verwendet/ recycled.
6. Brennen
Beim Brennen der Keramikformen werden die letzten Spuren des Formwachses vollständig und rückstandslos verbrannt. Dadurch wird die notwendige Festigkeit für das Feingießen hergestellt.
7. Feingießen
Die Metalllegierung, die im Feingussverfahren für jede Gusscharge kundenspezifisch zusammengestellt wird, wird im Induktionsofen geschmolzen. Die entstandene Stahlschmelze wird mit einer Gusspfanne in die heißen Keramikformen gegossen.
Durch die genaue Steuerung der Temperaturen von Stahlschmelze, Gusspfanne und Keramikformen wird im Feingussverfahren selbst bei dünnwandigen Bauteilen mit komplexen Geometrien eine hohe Werkstoffgüte und Oberflächenqualität sichergestellt.
8. Entformen
Im nächsten Schritt des Feingussverfahrens wird die keramische Schale nach Abkühlung der Gießtraube sorgfältig entfernt. Genauer gesagt, die Keramikform wird zerstört und geht dabei verloren.
9. Trennen
Nun werden Gussbauteil und Gussstamm/ Angusssystem vorsichtig voneinander getrennt.
Auch hier wird darauf geachtet, verbleibende Stahlreste bei der nächsten Gusscharge wieder einzusetzen.
10. Strahlen
Im vorletzten Schritt des Feingießens erfolgt der Strahlprozess. Er dient der restlosen Entfernung letzter Keramikreste an der Oberfläche der Gussteile.
Je nach Kundenanforderung erfolgen anschließend folgende Schritte: Angussschleifen, Wärmebehandlung, Richtprozess, mechanische Bearbeitung und/oder Oberflächenbeschichtung.
11. Endkontrolle
Wir führen nach ausnahmslos allen Feingussverfahren eine Sichtkontrolle am Produktionsort durch.
Der gesamte Umfang aller Kriterien und Maßnahmen der Qualitätskontrolle wird funktionsgerecht je nach Kundenanforderung abgestimmt.
3. Video: Prozessablauf beim Feinguss Verfahren
4. Ursprung des Feingussverfahrens
Das Gießverfahren ist geschichtlich gesehen der Ursprung aller Verfahren und kann bis etwa 3.000 v. Chr. zurückverfolgt werden. Zu Beginn wurde das Wachsausschmelzverfahren für den Kunstguss verwendet. So wurden beispielsweise Plastiken und Bronzestatuen mit dem Verfahren geschaffen.
Die industrielle Nutzung des Feinguss begann Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Herstellung von Zahnprothesen durch Zahnärzte und Zahntechniker. Jedoch konnten zunächst nur niedrig schmelzende Metalle gegossen werden.
1929 konnten mit der Einführung des Ethylsilicates als Bindemittel dann auch Gussstücke aus hoch schmelzenden Legierungen hergestellt werden (Stahlguss).
Heute sind die Gusswerkstoffe umfassend. Das Feingießen findet in der gesamten Industrie Verwendung.
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