Zugfestigkeit

Definition: Was ist Zugfestigkeit?

Der Werkstoffkennwert Zugfestigkeit, auch Reißfestigkeit genannt, bewertet das Festigkeitsverhalten von Werkstoffen. Er gibt Auskunft darüber, mit welcher Zugspannung eine definierte Werkstoffprobe maximal belastet werden kann, ohne zu versagen. Im Umkehrschluss bedeutet das: Wird die maximale Zugspannung eines Werkstoffes überschritten, bricht oder reißt er. Eine dauerhafte (plastische) Verformung kann allerdings weit vor Erreichen des Maximalwertes auftreten. Für die Auslegung von Konstruktionen ist die Zugfestigkeit eine wichtige Größe. Um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten, wird der Werkstoffkennwert mithilfe eines genormten Zugversuches, z. B. ISO 6892 für metallische Werkstoffe oder ISO 527 für Kunststoffe ermittelt.

Einheit, Formel und Berechnung der Zugfestigkeit

Die Zugfestigkeit wird mithilfe eines Zugversuches ermittelt. Sie ergibt sich aus der Maximalzugkraft (Fmax) dividiert durch den Querschnitt des Ursprungsquerschnittes (Ao oder So) des Zugstabes.

  • Die Formel lautet: Rm = Fz / Ao

Neben dem Kürzel Rm werden für die Zugspannung auch folgende Formelzeichen verwendet: Rz, σ.

Weil es sich um eine Spannung handelt, ist die Einheit der Zugfestigkeit MPa (Megapascal) oder N/mm² (Newton pro Quadratmillimeter).

Darüber hinaus lässt sich die Zugfestigkeit aus dem Spannungsdehnungsdiagramm direkt ablesen. In der Spannungsdehnungskurve ist sie an der y-Achse der höchste Punkt.

Verfahren zur Ermittlung der Zugfestigkeit

Die Zugfestigkeit ist werkstoffabhängig. Deshalb lässt sie sich nicht direkt berechnen, sondern muss in einem standardisierten Zugversuch mithilfe einer Materialprobe ermittelt werden. In der Praxis kommen hierfür sogenannte Proportionalstäbe zur Anwendung, die bezüglich Länge und Durchmesser gemäß der geltenden Normen zur Ermittlung der Streckgrenze, Bruchdehnung und Zugfestigkeit ausgeführt sind.

Die Probe wird in eine Zugprüfmaschine gerade, spannungs- und biegungsfrei eingespannt. Die Beanspruchung der Probe erfolgt mit einer kontrollierten einachsigen Zugkraft. Im Laufe des Zugversuches steigert sich die Kraft langsam und proportional so lange, bis der Stab bricht. Im Versuchsverlauf werden die Kraft F und die Längenänderung der Probe innerhalb der Messstrecke kontinuierlich gemessen. Während des Zugversuches werden darüber hinaus weitere wichtige Materialkennwerte wie Streckgrenze, Einschnürung oder Bruchdehnung festgehalten. Die Darstellung der Messwerte erfolgt als sogenannte Fließkurve in einem Spannungsdehnungsdiagramm.

Die Zugfestigkeit verschiedener Werkstoffe

Bei der Suche nach einem bestimmten Werkstoff, Baustoff oder Konstruktionsmaterial sind neben den äußeren Unterschieden vor allem die jeweiligen Werkstoffkennwerte von herausragender Bedeutung. So muss beispielsweise eine Schraube eine bestimmte Zugspannung aushalten, ohne dass ihr Kopf vom Schaft abreißt. Je nach Einsatz ist demnach entweder eine preiswertere Schraube aus legiertem Stahl ausreichend oder eine kostenintensive Titanschraube erforderlich.

Zur weiteren Veranschaulichung hier einige Zugfestigkeitswerte typischer technischer Werkstoffe:

Material Zugfestigkeit in N/mm²
Holz 100 bis 180
Beton 4,5 bis 5,2
Aluminium 70 bis 600
Baustahl 300 bis 690
Einsatzstahl 500 bis 1.200
Vergütungsstahl 500 bis 1.300
Titan 400 bis 1.200

Stein und Beton können nur geringen Zugbelastungen, dafür aber hohe Druckbelastungen aushalten. Stahl, Stahlbeton und Holz sind sowohl zug- als auch druckbelastbar.

 

Welche Metalle weisen die höchsten Zugfestigkeiten auf?

Innerhalb der Strukturmetalle haben Stahl- und Titanlegierungen die höchsten Werte. Mit bis zu 1200 N/mm² weist Titan die höchste Zugfestigkeit auf.

Weitere Fakten zum Thema Zugfestigkeit

Zugfestigkeit

Der Werkstoffkennwert Zugfestigkeit gibt an, ab welcher Zugspannung das Bauteil bricht. Die Streckgrenze definiert das Ende des elastischen Verhaltens eines Werkstoffes. Nach Erreichen der Streckgrenze geht er in den plastischen Zustand über. Er wird also dauerhaft verformt.

Die Prüfkraft ist der Belastungsgrad pro Zeiteinheit, dem der Prüfkörper in der Zugmaschine ausgesetzt wird. Gemäß Norm wird sie anhand der Werkstoffgruppe ausgewählt, welcher das zu prüfende Material angehört.

Materialien mit hohen Zugfestigkeitswerten finden häufig dann Anwendung, wenn eine hohe Festigkeit gefordert ist und die Werkstücke oder Halbzeuge nicht mehr oder nur geringfügig mechanisch beansprucht werden müssen. Bei Teilen, die beispielsweise noch gekantet oder anderweitig mechanisch bearbeitet werden, kommen zumeist ungehärtete Werkstoffe mit geringeren Zugfestigkeitswerten zum Einsatz. Das Härten erfolgt erst im Anschluss an die Bearbeitung.

Die Einteilung vieler Halbzeuge wie Gewindestangen oder Schrauben erfolgt nach der sogenannten Festigkeitsklasse. Hierfür sehen die Normen Zahlenkombinationen vor, die eine Unterscheidung sowie den Vergleich ermöglichen. Beispiel: Die Schraube verfügt über die Festigkeitsklasse 8.8. Die Zahl vor dem Punkt beschreibt die Zugfestigkeit des Materials. Im konkreten Fall beträgt diese 800 N/mm². Die Zahl nach dem Punkt steht für die Streckgrenze, häufig auch Dehngrenze genannt. Im Beispiel würde diese 640 N/mm² betragen.

Die maximal aushaltbare Zugkraft eines Konstruktionsteiles lässt sich mithilfe des bekannten Spannungsquerschnittes und der Zugfestigkeit des verwendeten Werkstoffs errechnen. Hierfür werden der Wert des Spannungsquerschnittes und der ermittelte Wert für die Zugfestigkeit miteinander multipliziert (maximale Zuglast: Fmax = Rm · A = Kraft in N).